155 Jahre Bürgergesellschaft Köln
Ich kann mich gut daran erinnern, dass wir vor nicht allzu langer Zeit das 150-jährige Bestehen der Bürgergesellschaft Köln von 1863 gefeiert haben. Nachdem die fünf Jahre wie im Fluge vergangen
sind, haben die Verantwortlichen in diesem Jahr wieder für einen besonderen Tagesverlauf gesorgt.
Beginnen sollte die Veranstaltung um 11.00 Uhr mit einer Hl. Messe in St. Ursula., einer der bedeutenden romanischen Kirchen in Köln. Herr Günther Leitner hatte im Vorfeld angeboten,
Interessierte zuvor durch die Kirche zu führen.
Also fanden sich die Wissbegierigen um 10.30 Uhr vor dem Kirchengebäude ein, um den Ausführungen des Herrn Leitner zu folgen, die wie schon bei den voran gegangenen Führungen wieder begeistern
konnte.
St. Ursula (Basilika)
(Aus: https://gemeinden.erzbistum-koeln.de/st-agnes-koeln/kirchen/st_ursula/unsere_basilika )
„Auf dem ehemaligen spätantiken Friedhof an der nördlichen Ausfallstraße der Römerstadt standen bereits seit dem 4. Jahrhundert verschiedene frühchristliche Kultbauten.
Die heutige Ursulakirche ist ab etwa 1135 als frühstaufische Emporen-Basilika mit zweigeschossigem, turmbekrönten Westquerhaus entstanden. Die barocke, gekrönte Turmhaube verweist auf die
Patronin der Kirche, die britannische Königstochter Ursula, von der eine Legende aus dem 10. Jahrhundert berichtet, dass sie zusammen mit ihren Gefährtinnen in Köln den Märtyrertod erlitten
habe.“
Die Legende hier aufzuschreiben, würde den Platz im Bürgerbrief sprengen. Aber unter : http://www. romanische-kirchen-koeln.de/index.php?id=ursula können sich Interessierte im Internet
informieren.
„Die sogenannte Clematius-Tafel, die an der südlichen Seitenwand des Chores angebracht ist, erzählt von tugendhaften Märtyrerjungfrauen, für die der römische Senator Clematius in spätantiker Zeit
eine der Vorgängerkirchen des heutigen Baus errichten ließ.
Der gotische, hell erleuchtete Chorraum aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist - vergleichbar mit der Sainte-Chapelle in Paris - ein großer gläserner Schrein, der heute den
sogenannten Ursula-Schrein vom Ende des 19. Jahrhunderts und den aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammenden Schrein des legendären Bräutigams der Hl. Ursula, Aetherius, birgt.
Die Elfzahl der Fenster verweist auf die Anzahl der Gefährtinnen der Hl. Ursula, deren Zahl - vermutlich aufgrund eines Lesefehlers und der vielen gefundenen Gebeine - im 10. Jahrhundert auf
11.000 festgelegt wurde.
Die im Chor aufgehängten 19 Bildtafeln aus der Mitte des 15. Jahrhunderts erzählen wie in einem Comic-Strip die Legende der Hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen.“
Dr. Dominik Meiering
Die Heilige Messe
Stadtdechant Monsignore Robert Kleine begann um 11.00 Uhr mit der heiligen Messfeier und gab damit seinen Einstand als neuer geistlicher Beistand unserer Bürgergesellschaft. Er widmete diese
Messe dem heiligen Philipp Neri, der am 26.05.1595, also auf den Tag vor 423 Jahren im Alter von fast 80 Jahren in Rom verstorben war. Neri war eine herausragende Persönlichkeit der Gegenreform
im Rom des 16. Jahrhunderts und Gründer der „Kongregation des Oratoriums“.
Gleich nachdem Monsignore Kleine alle Anwesenden begrüßt hatte, trat unser erster Vorsitzender Michael Melles ans Pult und gab einen Rückblick auf die 155-jährige Geschichte unserer
Bürgergesellschaft. Er berichtete über deren Gründung, deren Entwicklung zu einer der herausragenden Kölner Gesellschaften, zu ihrer Glanzzeit mit über 4.000 Mitgliedern. Er beschrieb die
Entstehung des Stammsitzes am Appellhofplatz, wo 7.000 bis 9.000 Personen Feste feiern konnten, und der dann im 2. Weltkrieg durch Bombenangriffe 1941 und 1943 nahezu vollkommen zerstört
wurde.
Michael Melles erzählte von der Nachkriegszeit, wo man allmählich an die Tradition, Feste zu feiern, anknüpfte und der neue Sitz der Bürgergesellschaft an der Ecke Laurenzplatz/ Unter Goldschmied
Ende der 1950er Jahre entstand. Er berichtete über den Verlust der Immobilie und den gesellschaftlichen Veränderungen bis heute.
Zum Schluss erinnerte Michael Melles an den im letzten Jahr verstorbenen Professor Gerhard Herkenrath, der die Bürgergesellschaft über viele Jahre hinweg hervorragend begleitet hatte, ohne die
Latte für seinen Nachfolger zu hoch zu hängen. Robert Kleine bedankte sich dann für das Vertrauen, das ihm die Bürgergesellschaft entgegen bringe und versprach sein Bestes im Rahmen seiner -
allerdings zeitlich begrenzten - Möglichkeiten zu tun, um die Arbeit seines Vorgängers angemessen fortzusetzen.
Im Anschluss an die Messe versammelten sich alle auf dem Vorplatz der Kirche und warteten auf den Bus, der uns an das bislang unbekannte Ziel der nächsten Etappe bringen sollte. Aufgrund der
beengten Straßenräume musste der Bus in der nächsten Querstraße halten, wo wir zustiegen.
Jürgen Kaplitz übernahm während der Fahrt die Reiseleitung. Zu allen Sehenswürdigkeiten, an denen wir vorbeikamen, konnte er Anekdoten oder weiterführende Informationen beisteuern. Es wurde von
Beginn an ein Tag, gespickt mit einem vollen Kulturprogramm.
Während der Fahrt in die Südstadt hörte man die Spekulationen der Mitfahrer, wohin denn die Reise ginge. Letztendlich kam der Bus am Sachsenring zu stehen, unmittelbar vor der Kreuzung mit der
Ulrichgasse. Rechts von uns erblickten wir …
Die ULREPFORTE.
Die Ulrepforte (Kölsch: Ülepooz) wurde im frühen 13. Jahrhundert als Teil der mittelalterlichen Stadtmauer errichtet. Die erste urkundliche Erwähnung im Schreinsbuch der Pfarrei St. Severin geht
auf das Jahr 1245 zurück. Mit nur ca. vier Meter Durchgangsbreite war sie das kleinste der landseitigen Kölner Stadttore. Man vermutet heute, dass sie, weil sie feldseitig keinen Anschluss an
eine Landstraße hatte, für den Verkehr bedeutungslos war.
Ihr Name geht auf die Zunft der Töpfer (Ulner = Töpfer) zurück, die ihr Handwerk wegen der Brandgefahr in unbewohnten Gegenden ausüben mussten. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war dieser
Stadtbereich lediglich gärtnerisch oder bäuerlich genutzt.
Die ersten Erdarbeiten (Gräben, Wälle) für die halbkreisförmig um die Stadt Köln geplante Befestigungsanlage sind auf das Jahr 1179 datiert. Die offizielle Erlaubnis erteilte hierzu der
Erzbischofs Philipp von Heinsberg am 27.07.1180.
Zwischen 1200 und 1250 wurden 16 Stadttore gebaut. Die Ulrepforte soll dem späteren Landeskonservator Udo Mainzer zufolge als eines der ersten Tore um 1230 fertig gestellt worden sein.
1271 wird die Ulrepforte erstmals in den Berichten über die Versöhnung von Erzbischof Engelbert von Falkenburg beim Namen genannt. Das Tor war ursprünglich von zwei halbkreisförmigen und
stadtseitig offenen Halbtürmen flankiert, die einerseits der statischen Stabilisation der Stadtmauer dienten, andererseits den Wachen bei militärischen Auseinandersetzungen erlaubten, parallel
zur Mauer auf Angreifer zu schießen.
Um 1450 wurde das Tor zugemauert und zur „Kartäuser Windmühle“ umgebaut. Dazu wurde ein 23,50 m hoher Mühlenturm stadtseitig an den nördlichen Turm angebaut. Die erste Erwähnung des Umbaus geht
auf das Jahr 1446 zurück. Der umgebende Mühlengang wird von acht Kreuzgewölben getragen. Als bauliche Folge darauf wurde die Stadtmauer feldseitig um ca. einen Meter erhöht. Dies kann man auch
heute noch gut erkennen. Vermutlich im 15. Jahrhundert wurde im Graben unmittelbar vor dem Tor eine Caponniere errichtet. Als Caponniere bezeichnete man einen fest gedeckten oder massiv
gemauerten Gang oder Raum, von dem man mit Gewehren oder Geschützen auf der Grabensohle auf Angreifer schießen konnte.
Der Unternehmer Franz Carl Guilleaume erwarb die Ulrepforte und Kartäusermühle im Jahre 1885 von der Stadt Köln. Er ließ sie restaurieren und eröffnete am 11.06.1886 darin einen
Gastronomiebetrieb. Die Caponniere wurde fortan als Weinkeller genutzt und darüber Gasträume gebaut. Der Turm erhielt einen Aussichtsraum mit umlaufender hölzerner Galerie.
1907 schenkte die Nachfahrin des Unternehmers, Antoinette von Guilleaume, das Gebäude der Stadt Köln. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude Vereinssitz der Kölschen Funken rut-wieß vun
1823, die die Ulrepforte seitdem pachten und mit Hilfe der Förderer der Ülepooz, der Fritz-Everhan-Stiftung e.V., umfassend restauriert und instand gehalten haben.
Die Feier
Während es sich ein Teil der ankommenden Gäste nicht nehmen ließen, einen Schnappschuss von sich und dem eingeschlafenen Wachsoldaten machen zu lassen, der unmittelbar neben der Ulrepforte seinen
Dienst tut, stürmten die anderen in die Wachstube, um sich einen guten Platz zu sichern.
Ein Akkordeonspieler empfing uns mit seiner Musik.
Der rustikale Raum füllte sich dann auch schnell. Alle Wände waren aus Ziegelsichtmauerwerk. Zwei massiv gemauerte Stützen in der Raummitte teilten den Gesamtraum in insgesamt sechs Teile, die
nach oben in gemauerte Ziegelgewölbe übergingen. Alle Gäste nahmen an den hölzernen Tischreihen Platz, die die einzelnen Raumteile durchzogen. Und es dauerte auch nicht lange, bis das erste
Kölsch vom freundlichen Personal des Cateringservice gereicht wurde.
Nach kurzer Einleitung unseres ersten Vorsitzenden Michael Melles übergab dieser das Mikrofon an Jürgen Kaplitz, der selbst ein Mitglied der roten Funken ist, und in dieser Funktion dafür gesorgt
hatte, dass wir an diesem historischen Ort unser Jubiläum feiern konnten.
Jürgen Kaplitz verfügt über ein enormes Wissen über diesem Ort, das er gerne an alle interessierten Gäste weitergab. Er lieferte Hintergründe zu den eigenartigen Ausstattungsgegenständen des
Raumes, lieferte Hintergründe zur Geschichte der Roten Funken und deren Traditionen, beschrieb das Aufnahmeprozedere bis hin zur Aufteilung der Gesellschaft in vier „Knubbel“, um die
Kameradschaft im Funken-Korps besser pflegen zu können. Er zitierte den Funkeneid und lieferte einen Einblick in das gesellige Vereinsleben.
Wir hätten noch weit länger zuhören können, wäre nicht das Buffet eröffnet worden. Alle spürten bereits ihre hungrigen Mägen, so dass es nicht verwunderlich war, dass sich in Nullkommanichts eine
Riesenschlange gebildet hatte. Es gab natürlich ein zünftiges Kölsches Buffet mit leckerem Brot, Mett mit Zwiebeln, diversen Sorten Wurst, Schinken und mittelaltem Gouda, aber auch andere
Käsesorten.
Und so setzte sich der gesellige Nachmittag fort: Drinke, Esse, Verzälle. . . . Es war ein wunderbares Jubiläumsfest an einem sensationellen und historischen Ort.
Dirk Kohler